Die Mammutbäume (Sequoia) sind eine Unterfamilie der Zypressengewächse und existieren nur noch in drei Gattungen. In jeder dieser Gattungen gibt es nur noch eine einzige Art als lebendes Fossil:
Jüngste genetische Untersuchungen [1] am Küstenmammutbaum zeigen die Besonderheiten und Unterschiede zu den anderen beiden Arten, Riesenmammutbaum und Urweltmammutbaum, auf.
Es ist schon länger bekannt, dass der Küstenmammutbaum nicht einen zweifachen Chromosomensatz (diploid) wie die Mehrzahl der höheren Pflanzen und Tiere, sondern einen sechsfachen Chromosomensatz (hexaploid) aufweist. Es sind 6 x 11 = 66 Chromosomen; beim Bergmammutbaum sind es wie beim Urweltmammutbaum 2 x 11 = 22 Chromosomen. Letztere haben also diploide Chromosomensätze. Die Mehrzahl der Koniferen hat einen Chromosomensatz von 2 x 12 = 24.
Damit ist die genetische Ausstattung des Küstenmammutbaums (oder das Genom, die Summe aller Gene) ungewöhnlich groß und mit 26,5 Milliarden Basenpaaren (26,5 Gbp) ist das Genom über achtmal umfangreicher als das des Menschen mit 3,1 Milliarden Basenpaaren. Andere Koniferen haben eine ähnlich hohe Anzahl an Basenpaaren, z. B. die Fichte (Picea abies) mit 19,6 Gpb (28.354 Gene), die Weißtanne (Abies alba) mit 18,16 Gbp (50.757 Gene). Als Beispiel für Pflanzen mit weniger langer DNA seien noch genannt die amerikanische Banks-Kiefer (Pinus banksiana) mit 2,89 Gbp und als krautige Pflanze die Tomate (Solanum lycopersicum) mit 0,735 Gbp.
Von den 26,5 Gbp im Genom des Küstenmammutbaums kommen 18,7 Gbp in Wiederholungen vor; insgesamt sind 118.906 Gene nachgewiesen. Von diesen Genen sind 32.122 monoexonisch, das heißt, sie codieren ein einziges Protein, und 86.784 multiexonisch. Letztere codieren mehrere Proteine.
Es gibt diverse Datenbanken, in denen die bekannten Gene von Lebewesen aufgeführt sind. Der Küstenmammutbaum enthält 591 Gene, die unbekannt sind. 77 % aller Gene konnten Genfamilien zugeordnet werden. Die Genfamilien beschreiben mehrfach vorkommende, identische oder fast identische Gene. Viele dieser Genfamilien sind darüber hinaus auch noch mehrfach vorhanden. Bei 790 Genfamilien wurden 3 Kopien und bei 1.075 Genfamilien 2 Kopien entdeckt. Beim Bergmammutbaum und Urweltmammutbaum gibt es diese Genfamilien jeweils nur einmal. Die Angaben beziehen sich auf den einfachen Chromosomensatz.
460 Gene sind Art-spezifisch, d. h. sie kommen nur im Küstenmammutbaum vor. Die Analyse hat gezeigt, dass diese Gene höchstwahrscheinlich aktiv werden bei Verletzungen, Schädlingsbefall, Trockenstress und auch das Längenwachstum steuern. Es gibt weitere 1706 Genfamilien, die in ähnlicher Form von anderen Koniferen bekannt sind, aber nicht in der Familie der Zypressengewächse vorkommen. Folgende Vorgänge werden u. a. mit diesen Genen in Verbindung gebracht: Veränderung von Rinde/Cuticula um Verdunstung zu verhindern, Zellwandbildung bei wachsendem Gewebe, Bildung von Proteoidwurzeln (sehr dichte Wurzelbärte) bei Phosphor- und Stickstoffmangel, Bildung von Stickstoff-Speicherproteinen in der Rinde sowie Hemmung von epigenetischen Vorgängen. Letztere sind Veränderungen von Genen durch Methylierung, und auch Demethylierungen. Dadurch können Gene dauerhaft ab- bzw. angeschaltet werden. Diese Veränderungen sind vererbbar. Bei Pflanzen sind es häufig vererbbare Veränderungen des Stoffwechsels, bei Tieren und Menschen in vielen Fällen vererbbare Verhaltensänderungen. Die Epigenetik hat bewiesen, dass Erfahrungen eines Lebewesens tatsächlich die DNA inklusive der Keimbahn verändern können. Der Küstenmammutbaum hat dagegen offensichtlich eine Hemmung vorgesehen.
Es wurden 7724 umfangreichere Gene gefunden, dabei in großer Zahl solche, die entgiftende Proteine codieren, um Schwermetalle zu binden (detoxification proteins). Ebenfalls in großer Zahl wurden Gene gefunden, die Resistenzproteine gegen bakterielle Erreger (z. B. Pseudomonas syringae) codieren. Eine weitere große Anzahl von Genen ist für die Herstellung von Endochitinasen verantwortlich, das sind Enzyme gegen Chitinbildung bei Pilzinfektionen. Pilze enthalten als Gerüststoff Chitin, wie die Insekten, jedoch keine Cellulose. In Gegenwart dieser Endochitinasen können daher weder Pilze noch Insekten wachsen bzw. sich entwickeln.
Wie bei Koniferen üblich, umfasst ein Großteil der Basenpaarsequenzen so genannte LTR-Retrotransposons. Diese sind bewegliche, sich wiederholende DNA-Abschnitte, die ihren Ursprung in Infektionen durch Retroviren haben. Die Unterelemente Copia und Gypsy machen 8,7 Gbp de Genoms aus. 10.512 Gene, die Gypsy-Einschübe aufweisen, werden in u. a. Zusammenhang mit der Reaktion auf Infektion, Schädlingsbefall (biotic stress) und Temperatur gebracht.
Der Vergleich der Gene untereinander zeigt, dass der Küstenmammutbaum enger mit dem Bergmammutbaum verwandt ist als mit dem Urweltmammutbaum. Untereinander ist die Verwandtschaft der drei Arten aber größer als mit jeder anderen Konifere. Die genetische Variabilität innerhalb der Population der Küstenmammutbäume ist im Vergleich zu anderen Koniferen äußerst gering. Die Küstenmammutbäume haben sich in der Natur weniger sexuell vermehrt, sondern meistens durch Klonbildung (Wurzelschösslinge, Austriebe aus umgestürzten Bäumen oder aus Baumstümpfen). Das wäre eine Erklärung, warum es eine so geringe genetische Vielfalt gibt. Über den Ursprung des hexaploiden Chromosomensatzes gibt es noch keine abschließende Erklärung. Aus der Pflanzenzucht ist bekannt, dass Pflanzen mit mehrfachem, z. B. vierfachem Chromosomensatz (tetraploid) kräftiger und größer wachsen. Es wäre sicherlich interessant festzustellen, wie ein Küstenmammutbaum mit diploidem Chromosomensatz aussähe.
Mit seiner genetischen Ausstattung unterscheidet sich der Küstenmammutbaum deutlich von anderen Koniferen-Spezies. Der sechsfache Chromosomensatz bedingt eine hohe mögliche Genaktivität, Stoffwechselrate und Stabilität gegen Veränderungen (z. B. Mutationen). 70 % der Gene bestehen aus sich wiederholenden Einheiten. Besonders häufig sind Gene mit den Schlüsselfunktionen:
Küstenmammutbäume vermehren sich bevorzugt vegetativ; die genetische Vielfalt ist äußerst gering. Der nächste Verwandte ist der Bergmammutbaum. Es ist auch einleuchtend, warum die Küstenmammutbäume so groß und alt werden können. Insektenbefall und Krankheiten sind äußerst selten. Angeblich soll der Küstenmammutbaum mit Trockenperioden besser umgehen können als der Bergmammutbaum. Es gibt einige Zuchtformen und Varianten des Küstenmammutbaums, die zeigen, dass es eine gewisse Variabilität in den Erscheinungsformen gibt, jedoch sind diese begrenzt (Nadelfarbton, Größe, Wuchsform). Es besteht Hoffnung, dass der Küstenmammutbaum in Zukunft einmal eine Rolle als Klima- und Forstbaum in den gemäßigten Breiten spielen wird. Eine gewisse Anpassungsfähigkeit sollte zu erwarten sein. Experimente und Selektionen durch den Menschen gibt es ja erst seit etwa 70 Jahren. Das Potenzial ist also noch nicht ausgeschöpft.
Eine Besonderheit scheint noch erwähnenswert zu sein: Der Küstenmammutbaum ist nach bisherigen Untersuchungen vorläufig die einzige höhere Pflanze, bei der die Chloroplasten-DNA und die Mitochondrien-DNA bei sexueller Vermehrung von dem männlichen Partner stammen [2], also mit den Pollen übertragen werden müssen. Der Befund ist aber noch nicht durch weitere Untersuchungen bestätigt worden. Die Chloroplasten sind Zellorganellen, die die Fotosynthese einer Pflanze betreiben und eine eigene DNA haben; die Mitochondrien sind Zellorganellen, die essenziell für die Sauerstoffatmung sind und ebenfalls ihre eigene DNA besitzen. Bei Tieren werden die Mitochondrien - sie befinden sich in der Eizelle - immer von dem Muttertier übertragen.
[1]
David B Neale, Aleksey V Zimin, Sumaira Zaman, Alison D Scott, Bikash Shrestha, Rachael E Workman, Daniela Puiu, Brian J Allen, Zane J Moore, Manoj K Sekhwal, Amanda R De La Torre, Patrick E McGuire, Emily Burns, Winston Timp, Jill L Wegrzyn, Steven L Salzberg; Assembled and annotated 26.5 Gbp coast redwood genome: a resource for estimating evolutionary adaptive potential and investigating hexaploid origin; G3 Genes|Genomes|Genetics, Volume 12, Issue 1, January 2022, jkab380
https://academic.oup.com/g3journal/article/12/1/jkab380/6460957
[2]
D B Neale 1 , K A Marshall, R R Sederoff; Chloroplast and mitochondrial DNA are paternally inherited in Sequoia sempervirens D. Don Endl; Proc Natl Acad Sci U S A. 1989 Dec;86(23):9347-9